Kleingärtnerverein Hainstrasse 1920 bis heute

Von den Anfängen im Jahr 1920 bis 2023: Taucht ein in die 103-jährige Geschichte des Kleingartens, dargestellt auf einem Zeitstrahl. Erfahrt mehr über die historischen Meilensteine, eingebettet in den Kontext ihrer Zeit. Liebevoll und akribisch von den damaligen und aktuellen Vorstandsmitgliedern über Jahre hinweg zusammengestellt und von Heckengeflüster überarbeitet

15. August 1920

Unser Verein wird gegründet

Am 15. August 1920 fand die erste Versammlung der Kleingärtner Hainstraße statt. Da es noch kein Vereinsheim gab, trafen sich die Gründungsmitglieder in einer Gaststätte in der Hochstraße. Damals hieß der Verein noch „Gartenbauverein“. Das Grundstück wurde von einem „Fräulein“ Wülfing verpachtet. Es wurde auch der erste Vorstand gewählt. Jedes Vereinsmitglied erhielt einen Vereinsausweis, dessen Mitführen auf dem Gelände verpflichtend war.

05. März 1921

Das Gründungsfest

Am 05.03.1921 wurde ein Gründungsfest mit Konzert, Theateraufführungen und Festball veranstaltet. „Fräulein“ Wülfing stiftete 100 Reichsmark.

30. August 2021

Die große Inflation

Die Gartensiedlung war gerade erst im Entstehen und schon fehlte überall das Geld, z.B. für eine neue Wasserleitung. Man war noch keinem Verband angeschlossen, was sich schlagartig änderte, als „Fräulein“ Wülfing am 30.08.1921 die Pacht um 50% erhöhte.
Allgemein wirkten sich Inflation und Armut auf die Gartenarbeit aus. Die gesamte Kleingartenanlage musste mit einem Stacheldrahtzaun vor Dieben geschützt werden. Der Eingang wurde mit einem Tor verschlossen und es patrouillierten Wachen auf dem Gelände. Wachvergehen wurden mit einer Strafe von 20 Reichsmark geahnde

1930

Unser Vereinsheim

Unser Vereinsheim in den 30er Jahren

05. Januar 1931

Streitigkeiten im Verein

Durch den Zusammenschluss der Städte war auch eine Zusammenlegung der Gartenbauvereine akut geworden. Eine Abstimmung der einzelnen Vertreter am 05.01.1931 ergab ein negatives Ergebnis. Von insgesamt 71 Stimmberechtigten stimmten nur 14 für einen Zusammenschluss.

September 1931

Verbandsaustritt

Im September 1931 trat der KGV Hainstraße nach einigen Unstimmigkeiten aus dem Verband aus. Die Vorstandssitzung muss sehr hitzig gewesen sein, denn der erste Schriftführer legte sein Amt nieder und es dauerte bis März 1931 bis sich der erste Vorsitzende und der erste Schriftführer wieder in die Augen blicken konnten.

Mai 1931

„Führerprinzip“ im Kleingarten

Im Mai 1932 stellte Gartenfreund Dorp den Antrag, parteipolitische Fahnen zu verbieten, da der Frieden in der Anlage ernsthaft gefährdet sei. Vergeblich: Mit der Machtergreifung Hitlers wurde auch im Kleingarten das „Führerprinzip“ eingeführt. Es wurde kein Vorstand mehr gewählt, sondern ein Vereinsführer bestimmt. Auch die Aufgaben änderten sich: Vereinsführer Justus musste die Laube des Gartenfreundes Neukirchen nach Waffen durchsuchen. Die Jugendarbeit wurde der Hitlerjugend unterstellt. Alle Kleingärten wurden auf den bevorstehenden Krieg vorbereitet. Schulungen waren Pflicht und bei dreimaligem Fehlen wurde der Garten gekündigt. Auch die Bepflanzung der Gärten wurde vorgeschrieben. Jeder Kleingärtner musste 20 bis 25 Sonnenblumen und wenigstens 5 Maisstauden anpflanzen. Im Kleingarten wurde, mit geringem Erfolg, mit Sojabohnen experimentiert. Die Ernte musste an das Winterhilfswerk abgegeben werden.

1940

Kriegsproduktion im Kleingarten

Vorstandswahlen fanden nicht mehr statt und der „Vereinsführer“ konnte allein entscheiden, ob er die Beschlüsse der Mitgliederversammlung annahm oder nicht. Er musste alle Protokolle bei der Stadt abliefern und war verpflichtet, über das Geschehen in der Anlage zu berichten. Damit waren die Vereine lückenlos überwacht, zumal staatliche Gartenbegehungen durchgeführt wurden, um den „Leistungsstand“ der Gärtner zu überprüfen. Wer seinen Pflichten nicht nachkam, dem wurde der Garten gekündigt. Die Kleingärtner mussten auch verstärkt an Schulungen teilnehmen, um ihre Erträge zu steigern. Die Größe des Gartens und die Anzahl der Familienmitglieder bestimmten, wie viel der Kleingärtner von der Ernte behalten durfte. Alles war auf die Unterstützung des Krieges ausgerichtet. So beschloss der Vorstand am 03.02.1940 die Anschaffung einer „Büchsenschließmaschine“. Die Frauen sollten angeben, wie viele Dosen und Deckel sie benötigten.

1945

Baubeschreibung

1949

Nach dem Krieg

Aufgrund der verheerenden Zerstörungen zogen viele Familien in ihre Lauben. Um Diebstähle zu verhindern, mussten wieder Wachdienste eingesetzt werden. Das Vereinsgelände durfte nur noch von Mitgliedern betreten werden. Saatgut und Dünger waren Mangelware. Im Jahresbericht 1948 heißt es: „Das vergangene Jahr war eine Katastrophe.

05. Mai 1951

Das neue Vereinsheim

Anfang der 50er Jahre wurde in Eigenarbeit eine neue „Vereinslaube“ gebaut. Am 5. Mai 1951 teilte der Vorsitzende Kreutzer mit, dass der Bau bis auf das Dach fertiggestellt sei, der Kassierer aber kein Geld mehr für den Weiterbau habe. Die Versammlung beschloss eine „Sonderumlage“ von 5 DM, da das Dach 50 % teurer als veranschlagt würde. Der Grund: Zu wenige Mitglieder helfen beim Bau.

Wir brauchen Hilfe!

Hat jemand ein Bild vom Vereinsheim, das 1951 gebaut wurde? Oder Informationen? Wo stand es?

Februar 1952

Neue Vereinssatzung

Im Februar 1952 fand eine Mitgliederversammlung statt, an der auch Verbandsgeschäftsführer Kirchhoff teilnahm. Es wurde eine neue Satzung beschlossen, die sich an der Einheitssatzung des Kreisverbandes orientierte. Der Verein nannte sich nicht mehr Gartenbauverein, sondern Kleingärtnerverein. Der Mitgliedsbeitrag wurde auf 8 DM/Jahr festgesetzt. An Wassergeld war 1 Pfennig/qm zu entrichten, wer ein Abort hatte, musste dafür 1 DM bezahlen.

Wohnen im Kleingarten

Noch Anfang der 50er Jahre war es wegen der Wohnungsnot erlaubt, im Kleingarten zu wohnen. Die Stadt erhob von den Bewohnern eine „Wohnlauben-Nutzungsgebühren“. Anfang 1952 beschließt die Stadt, dass Lauben eine bestimmte Größe nicht überschreiten dürfen und das Wohnungsamt wird gebeten, keine Einweisungen in Kleingartenlauben vorzunehmen. Die im Kleingarten wohnenden Laubenbesitzer werden durch Ausstellung der „Roten Karte“ als Wohnungssuchende der Dringlichkeitsstufe 1 anerkannt.

1951

Verkauf an Bethesda

Das Vereinsgelände wird von der Diakonie Bethesda gekauft.

1960er

Bauwut und wilde Gartenbauten

Der Druck auf den Wohnungsmarkt ließ allmählich nach und das Wohnen in den Lauben war nicht mehr notwendig. Das Augenmerk der Kommunen richtete sich zunehmend auf die ordnungsgemäße Nutzung der Kleingärten. Vor allem die Bauwut mancher Gartenfreunde war den Oberen ein Dorn im Auge. So wurden beispielsweise Vorschriften erlassen, wie Lauben zu streichen seien. Auch musste so manche zu groß geratene Laube wieder zurückgebaut werden. Trotzdem erfreuten sich Kleingärten großer Beliebtheit. Dabei stand nicht mehr nur die Nahrungsmittelproduktion im Vordergrund. Die Gärten wurden mehr und mehr zur Freizeitgestaltung genutzt. Gemüsebeete wichen dem pflegeleichten Rasen, auch Blumen wurden wieder vermehrt gepflanzt.

22. Juli 1969

Kleingärten müssen weichen

In Wuppertal wurde an allen Ecken und Enden gebaut. Auch für unsere Anlage gab es Pläne, für die 40 Kleingärten weichen mussten. Über Entschädigungen wurde verhandelt. Am 22.07.1969 wurden die Verträge unterzeichnet, in denen die Räumungstermine für drei Bauabschnitte festgelegt wurden. Der erste Räumungstermin war rückwirkend der 30.06.1969, der zweite der 31.10.1969 und der dritte der 31.10.1970. Einige Pächter erhielten durch Teilung größerer Gärten ein neues Stück Land.

31. Oktober 1970

Weitere Gärten müssen weichen

Auch in den 70er Jahren beschäftigen neue Bebauungspläne Wuppertals Kleingärtner und deren Vorstände. Das Bild Wuppertals wird nachhaltig durch neue Bauwerke geprägt und viele Kleingärtner müssen weichen. Auch unser Verein ist betroffen: Am 31.10.1970 ist der letzte Räumungstermin für insgesamt ca. 50 Gärten an der Hainstraße. Das Bethesda-Altenheim soll gebaut werden.

14. September 1970

50 Jahre KGV Hainstraße

Aus der WZ vom 14.09.1970: „Der Kleingärtnerverein Hainstraße feiert am Wochenende sein 50-jähriges Bestehen“. Bei der Festversammlung sagte der 1. Vorsitzende Gerd van Bürck, man habe gehofft, dieses Jubiläum im neuen Vereinsheim begehen zu können, doch habe der Bau nicht rechtzeitig fertiggestellt werden können. Der 2. Vorsitzende Rudolf Genz betonte in seiner Festansprache, dass sie dem jetzigen Eigentümer des Geländes, dem Krankenhaus Bethesda, dankbar seien, dass sie nur einen Teil des Geländes hätten räumen müssen. Gartendirektor, Per-Halby Tempel, überbrachte Grüße vom Garten- und Forstamt sowie dem Rat der Stadt. Er sagte, dass die Anlage Ausdruck von Arbeit und Fleiß zweier Generationen sei. Sicher würde das Gelände einmal den Erweiterungsbauten des Krankenhauses weichen müssen, doch bis dahin sei es noch ein weiter Weg, was die Genehmigung zum Aufbau des neuen Vereinsheims zeige. Einer der Mitbegründer, der zu diesem Zeitpunkt 89-jährige August Heiß, konnte dieses Jubiläum noch mitfeiern. Er gehörte zu der kleinen Gemeinschaft, die 1920 beschloss „auf der grünen Wiese“ Gartenbau zu betreiben. Für seine Verdienste wurde ihm von Kreisverband die Ehrennadel in Gold verliehen. Die gleiche Auszeichnung erhielten Ernst Steinhaus und Peter Wüstenhagen.

1980 – 1990

Kleingarten oder Friedhof?

Im Verein gab es heftige Diskussionen über die Nadelgehölze, da der eine oder andere ehemalige Weihnachtsbaum eine stattliche Höhe erreicht hatte. Und dann gab es noch die Koniferenfreunde, die vor allem dem Forstamt ein Dorn im Auge waren. Denn das Forstamt war der Meinung, dass ein Kleingarten kein Friedhof sei und die Pflanzen deshalb entfernt werden müssten. Schließlich setzte sich das Forstamt durch und seitdem gibt es bei uns keine Nadelgehölze mehr.

1980 – 1990

Vereinsleben

In diesem Jahrzehnt wurde das Vereinsleben ordentlich gelebt. Es wurden Ausflüge zu verschiedenen Landesgartenschauen organisiert. Zum Vatertag wurde im Vereinsheim kräftig gefeiert. Auch Wandertage durch die Wuppertaler Gärten wurden organisiert. Sommerfeste wurden gefeiert und zu Weihnachten kam der Nikolaus.

1990

Das Vereinsheim wird renoviert

1990 wurde das Vereinsheim renoviert. Es wurden 300 Arbeitsstunden geleistet. Leider beteiligten sich nur 11 der 86 Gartenbesitzer, so dass ein Großteil der Arbeit am Vorstand hängen blieb. Ziel der Renovierung war es, den Innenraum so gemütlich zu gestalten, dass nicht nur die Männer des MTV gerne zum „Klönen“ kommen, sondern auch die eigenen Mitglieder.

Rohrbrüche

Die maroden Wasserleitungen mussten dringend erneuert werden. Die Kosten betrugen 22.500 DM. Es wurden 1225 Arbeitsstunden von 55 Mitgliedern geleistet.

1994

Lange Wartelisten

1994 standen 7 Interessenten auf der Warteliste unseres Vereins. Ein unglaublicher Erfolg, waren doch in Wuppertal 200 Gärten frei. Der Verein hatte 1994 21 Kinder unter 12 Jahren. Grund genug für eine große Kinderweihnachtsfeier.

1994

Alte Bäume müssen weichen

Laut Beschluss müssen 1994 alle Tannen und Bäume, die älter als 25 Jahre sind, gefällt werden.

1995

75-jähriges Bestehen

Im Jahr 1995 feiert der Verein sein 75-jähriges Bestehen. Damals wurde der Wert aller Gärten inklusive Vereinsheim auf 1 Mio. DM gegenüber Wirtschaftsprüfern des Bethesda beziffert.

2000

Das elektronische Zeitalter beginnt

2000 stellte der Verein die manuelle Kassenführung auf elektronische Datenspeicherung um.

Neues Stromnetz

Die Inbetriebnahme eines neuen Stromnetzes auf dem Vereinsgelände sorgte für viel Arbeit. Tatkräftig wurden von Vereinsmitgliedern Leerrohre verlegt, Masten entfernt und nicht versorgte Gärten erschlossen. Auch der Parkplatz wurde überwiegend in Eigenleistung auf die doppelte Größe erweitert.

Generationswechsel in der Anlage

Seit 2006 hat sich die Zahl der jährlichen Neuverpachtungen von 3-4 auf 10-12 erhöht. Zunehmend können die in die Jahre gekommenen Erstbesitzer aus der Kriegsgeneration die Gärten nicht mehr bewirtschaften und geben sie ab. Junge Familien mit Kindern rücken nach.

2009

Bodenbelastung

In mehreren Gartenanlagen um uns herum gibt es Beanstandungen durch zu hohe Anteile an Schwermetallen. Unsere Anlage ist zum Glück nicht betroffen.

2010

Die neue Vereinssatzung

2010 wurde die nun mehr als 31 Jahre gültige Vereinssatzung durch eine neue ersetzt. Sie berücksichtigt die geänderte Rechtssprechung sowie zeitlich angepasste Formulierungen.

15. August 2010

90 Jahre Kleingarten Hainstraße

2010 ist Feiern angesagt. Das 90-Jährige Bestehen wird mit einem großen Sommerfest gefeiert. Zu diesem Anlass wird auch eine Terrassenüberdachung gebaut

2011

Neuer Spielplatz

In mühevoller Gemeinschaftsarbeit wurde 2011 der Spielplatz in Eigenleistung errichtet und von den „Gartenzwergen“ feierlich eingeweiht.

2013

Neue Sanitäranlagen

Schicke Keramik für Groß und Klein. Der Zugang zu den Toiletten wird jedem Pächter mit eigenem Schlüssel ermöglicht. Damit soll den „wilden“ Toiletten im Garten entgegengewirkt werden.

2018

Wieder Spielplatz

Der TÜV drohte damit, unseren Spielplatz zu sperren. Daher mussten wir 2018 wieder ran: Eine neue Schaukel wird errichtet und 12 Kubikmeter Sand als Fallschutz verteilt

2019

Kinderfreundlichste Anlage

Die Mühen den Spielplatz auf Vordermann zu bringen waren nicht umsonst. 2019 wurde unsere Anlage als „Kinderfreundlichste Kleingartenanlage“ in Wuppertal prämiert.

2019

Das Vereinsleben steht still

Die Coronapandemie hat auch drastische Auswirkungen auf unser Vereinsleben. Alle Feierlichkeiten, die Sonntagsöffnungen oder der Frauentreff werden abgesagt. Aus der Gemeinschaftsarbeit wird eine individuelle Pflichtarbeit. Gleichzeitig beginnt die Jagd auf die grünen Oasen. Familien suchen verzweifelt Freiräume in der Natur. Die Warteliste an Interessenten reicht gefühlt von der Hainstraße bis nach Barmen.

2020

Ausnahmezustand und Normalisierung

Corona wird noch in den ersten zwei Jahren des Jahrzehnts das Vereinsleben beeinflussen. Feiern werden gar nicht erst geplant, die Gemeinschaftsarbeit wird alleine durchgeführt und man hält immer noch großen Abstand zueiandner. Mit der Zeit beruihgt sich das Infektionsgeschehen aber. Aber man trifft sich wieder im Garten, die Gemeinschaftsarbeit wird wieder gemeinschaftlich erledigt und vorsichtige Planungen für Aktivitäten starten.

23. Oktober 2022

1. Ausgabe Heckengeflüster

Am 23. Oktober 2022 erscheint die erste Ausgabe unseres neuen Magazins

05. November 2022

Erste vorsichtige Feier

Am 05.11.2022 findet die erste vorsichtige Feier wieder statt. Es wird zum Herbstfest geladen. Noch finden sich wenigen Gartenfreunde im Vereinsheim zusammen. Feiern muss halt erst wieder gelernt werden. Es folgen weitere kleinere Veranstaltungen, wie Saatgutbörsen oder Kinderbastelnachmittage.

12. – 13. August 2023

103 Jahre KGV Hainstraße

Endlich kann wieder groß gefeiert werden. Mit einem Sommerfest wird das 103 Jährige Bestehen des KGV Hainstraße gefeiert.

Oktober 2023

Heckengeflüster.de geht online

Heckengeflüster gibt es nun auch in der Online-Version.